kaum ständig noch

Phänomenologie der Männlichkeit als Wersein


Michael Eldred


artefact text and translation
Cologne, Germany


2. Männlichkeit als Wersein

a) Was heißt es, Wer zu sein?


Version 2.1 July 1996
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Inhaltsverzeichnis dieses Kapitels


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    2. a) Was heißt es, Wer zu sein?

  1. Um die Frage "Wer ist Mensch?" wieder fruchtbar und weiterführend zu machen, kann man nach dem Verhältnis zwischen Wer und Mensch fragen. Ist es denn ausgemacht, daß Wer immer nach dem Menschen fragt oder überhaupt, daß es fragt? Denn das Wörtchen "wer", nach den grammatischen Kategorien als interrogatives Pronomen klassifiziert, zeigt bei näherem Hinschauen, daß es selbst Fragen enthält, statt zu fragen. Wenn Wer nicht fragt, dann sagt es vermutlich etwas aus, wie in der Aussage: "Ich bin Wer.", was in der Alltagssprache soviel bedeutet wie, "Ich bin ein wichtiger Mensch". Woher hat der Mensch sein Gewicht? Folgen wir diesem Wink der Sprache weiter und fragen "Was ist Wer?", dann fragen wir nach dem Wesen des Wer oder danach, wie der Mensch als Wer in der Welt west, oder: Was heißt es, Wer zu sein? Damit ist das Fragen endlich aus dem Bereich der Fragen nach dem 'Mann als Mann' und nach der 'Frau als Frau' ausgebrochen; letztere ist nun eine ergiebige Frage für ein Denken, das über die Geschlechtlichkeit rätselt, und präzisiert und ersetzt die eingangs gestellte und unzureichende Frage "Wer ist Mensch?". Statt den Zugang zum Menschsein über die Vernunft zu versuchen, experimentieren wir hier mit einem Ansatz, der den Zugang zu einem männlichen Menschsein über das Phänomen des Wer erprobt. Dadurch sollte ein denkerischer Essay entstehen.

  2. Wir stellen also die Frage: "Wie west der männlich Seiende als Wer?". Die Frage selbst enthält einen gewissen Vorgriff auf die Antwort, da sie darauf hinausläuft, die Männlichkeit als Wersein auszulegen. Die männliche Art zu wesen ist damit das Erfragte, nicht aber die Wesensart des Mannes in der Abgrenzung gegen die Wesensart der Frau. Die Frage geht zunächst auf die Bedeutsamkeit des erschlossenen männlich Seienden (Kap. 1) in der Weise des männlichen Sich-erschließens ein, d.h. seines reinen Fürsichseins, seiner Selbstreflexion bzw. -affektion. Erst in Kapitel 4 wird die Bedeutung des einen männlich Seienden für den anderen ausdrücklich aufgegriffen. Und die weibliche Wesensart, soweit diese den männlich Seienden in seiner Welt angeht, wird nur in bezug auf den männlich Seienden selbst in den Kapiteln 6 und 7 berührt - wobei der männlich Seiende zum weiblich Seienden wird. Fürs erste also beschäftigt uns nur die Frage nach dem Wesen als Wer, die meines Wissens in dieser reinen Form bisher nicht gestellt worden ist, auch wenn - oder wohl gerade weil - die Sprache tagtäglich und treffsicher zwischen Wer und Was unterscheidet. Aber auch in der philosophischen Sorge um das Wesen des Menschen, die bis Platon zurückreicht, wurde die Differenz zwischen den Wörtchen "Wer" (tis) und "Was" (ti) nicht penetrant genug frag-würdig gemacht.



      Anmerkungen 2. a)


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